Konfuzius kann warten!

Ich wache auf mit einem emotionalen Kater.

Eigentlich wollte ich heute früh losfahren, versuchen, die 120 Kilometer nach Qufu in einem Rutsch zu absolvieren, um meine Familie möglich schnell wiederzusehen.

Stattdessen verbringe ich den Vormittag im Internet. Spiegel online, ARD, ZDF, CNN, The Guardian. Noch immer keine Nachricht von unseren Freunden in Kathmandu. Falls es überhaupt Internet gibt, haben die sicherlich besseres zu tun, als mir zu mailen, tröste ich mich. Sorgen mache ich mir trotzdem!

Gegen 11:30 Uhr mache ich mich dann endlich auf den Weg. Schwerfällig fahre ich die breiten Ausfallstraßen Shantings entlang. Jeder Tritt fällt mir schwer. Es geht bergauf und mir bläst Gegenwind entgegen. Der kann sich so richtig austoben, da die Straße hier acht Spuren breit ist und keine Bäume, Häuser oder Mauern als Windschutz bietet. Schwer fährt es sich, als ob die Bremse angezogen ist. Nach fünf Kilometern, für die ich eine halbe Stunde brauche, mache ich erschöpft Pause. Werfe ich einen Blick auf den hinteren Lenker. Die Notfallbremse für den hinteren Fahrer ist halb angezogen! Das Hotelpersonal muss damit rumgespielt und die Bremse angezogen haben.

„Scheiße!“, schreie ich und löse die Bremse. Eigentlich murmle ich „Ta made!“, das ist aber in der Übersetzung nicht jugendfrei.

Richtig gut rollt es auch danach nicht. Jede kleine Steigung wird zur Tortur, und leider gibt es viele davon. Ist es der emotionale Kater, oder das Qingdao-Bier von gestern? Fusel im dunklen Stolz der chinesischen Braukunst? Oder doch der Gegenwind, der inzwischen Orkanstärke angenommen hat?
Den ganzen Tag versucht die Sonne vergeblich, durch die Wolkendecke zu brechen. Die an sich recht reizvolle Landschaft ist in ein seltsames Zwielicht getaucht. Eine Atmosphäre wie bei einem 1980er-Post-Atomschlag-Film. „The Day after!“, schießt mir in den Kopf. So fühle ich mich, während die Muskeln schmerzen, der Atem knapp wird und die Augen vom Zwielicht geblendet werden.

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Gegen 17:30 Uhr ist klar, dass ich es heute nicht mehr nach Qufu schaffen werde. 90 Kilometer habe ich in den Knochen und kann einfach nicht mehr. Zoucheng, die nächste größere Stadt kommt da ganz recht. Ich steuere ein Hotel an und lade ab. An der Bremse verbrenne ich mir fast die Finger. Die Bremsscheibe ist heißgelaufen! Ich drehe das Hinterrad mit Schwung. Nach einer langsamen Umdrehung blockiert es. Noch ein Versuch. Das gleiche Ergebnis. Das morgendliche Fahren mit angezogener Bremse muss die Rückholfeder blockiert haben.

Ein paar Handgriffe, und die Feder schnalzt zurück. Ich bin den ganzen Tag mit halb angezogener Bremse gefahren!

One Comment:

  1. Das war ein bitterer Tag, ist mir auch schon passiert, hab mich den ganzen Tag gefragt, was ich meinen Mitreisenden aufputschendes zu essen gegeben hatte und mir nicht.
    Zum Glück passiert einem der Fehler nicht zwei mal auf einer Reise!
    Viel Spaß noch!

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