Konfuzius, ich komme!

Oder besser – Familie ich komme! Für Konfuzius war die Familie ja sehr wichtig, besser gesagt, die Beziehungen innerhalb der Familie und die Relation des Ganzen zu Staat und Gesellschaft.

Kurz gesagt: Kinder gehorchen Eltern, Frau gehorcht Mann, Jung gehorcht Alt und alle gehorchen der staatlichen Autorität. Der Konfuzianismus hat auch noch eine Kehrseite, die gerade bei Obrigkeitsfanatikern oft hintern runter fällt: Wenn der Herrscher, sei es im Staat oder der Familie, einen schlechten Job macht, dann kann er abgesetzt werden.

Was heißt das nun für mich? Also rein aus der konfuzianischen Sicht?

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Falls ich die Familienkutsche nicht adäquat steuere, dann dürfen Zornica und die Kinder weiter den Zug nehmen? Dürfen die Kinder den nächsten Flieger nach Berlin nehmen, weil ihre Eltern die Schnapsidee hatten, mit dem Tandem durch China zu radeln? Und darf jeder in Shandong laut „Scheiße!“ schreien, weil die lokale Regierung anscheinend einen deutlich schlechteren Job macht als die Kollegen in Restchina?

Immerhin, es gibt eine Menge Geschichte zu bewundern. Zoucheng ist offiziell die Geburtsstadt von Menzius, salopp gesagt der Gelehrte, der für Konfuzius das geleistet hat, was Plato mit Sokrates angerichtet hat.

Dementsprechend radle ich an Menzius Haus, an seiner Grabanlage, an der Grabanlage seiner Mutter und noch einem halben Dutzend sogenannter Sehenswürdigkeiten vorbei.

Grandiose Schilder weisen den Weg zu kürzlich aus dem Boden gestampften touristischen Attraktionen. Glauben die chinesischen Touristen das denn alles?

Nach den Erfahrungen aus Yaowan und Tai’erzhuang ein deutliches „Ja!“. Irgendwann vor ein paar Jahrhunderten gab es hier eine historischen Ort, das zählt, egal, was inzwischen die Geschichte damit gemacht hat. Welche deutsche mittelalterliche Stadt ist in der Substanz älter als 100 Jahre? Rothenburg, Nürnberg, Hildesheim?

Dann bin ich in Qufu. Die Familie hat ihr Mittagslager in einer Nudelbude aufgeschlagen. Entsprechend parke ich die Familienkutsche direkt vor dem Restaurant. Die Familie ist wieder vereint!

Und im Hotel begrüßt uns der große Meister in Form einer Bronze-Statue:

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Auf historische Spuren habe ich wenig Lust, meine Familie um so mehr:

Ich laufe ziellos durch die Altstadtgassen und bin positiv überrascht, wie wenig touristisch Qufu ist.

Zum Abendessen treffen wir uns wieder in einem angenehmen kleinen Grillrestaurant. Über Grillspieß und Malblock gibt es eine vorsichtige Annährung der Kulturen auf Kindesebene.

Und selbst unsere aus den 1980er Jahren übrig gebliebene Kader-Bruchbude erstrahlt am Abend im schönsten Glanz:

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